Ralf Langroth: Das Mädchen und der General

Der bis heute nicht geklärte Mord an der Frankfurter Prostituierten Rosemarie Nitribitt erschütterte in den 1950-er Jahren die Bundesrepublik und ist Thema eines neuen Romans.

Ende Oktober 1957 an der Stiftstraße am Eschenheimer Turm in Frankfurt/Main: In einer luxuriösen Wohnung wird die 24-jährige Rosemarie Nitribitt tot aufgefunden. Kein gewöhnlicher Mordfall, wie sich schnell herausstellen sollte. Bei dem Opfer handelte es sich um eine stadtbekannte Edelprostituierte, die in den besten Kreisen verkehrte und deren Fall für einen bundesweiten Skandal sorgte.

Kontakte in hohe Kreise

Ermittlungspannen der Frankfurter Kriminalpolizei – unter anderem die versäumte Messung der Körpertemperatur der Leiche oder der Umgebungstemperatur in der Wohnung, die zur exakten Bestimmung der Todeszeit unbedingt notwendig gewesen wäre – , weitere Fehler und verschwundene Akten nährten schnell den Verdacht, dass von staatlicher Seite prominente Freier und Verdächtige aus Politik und Wirtschaft geschützt werden sollten.

Zumindest die Kontakte zu Freiern aus der Wirtschaft wie Ernst Wilhelm Sachs, Gunter Sachs, Harald Quandt und Harald von Bohlen und Halbach (gehörte zur Familie Krupp) ließen sich nachweisen, brachten aber keine Klärung des Falles. Einem Hauptverdächtigen, einem engen Bekannten Nitribitts, konnte trotz einiger Indizien die Tat nicht nachgewiesen werden. Der Mörder ist bis heute nicht ermittelt worden.

Die Faszination eines ungeklärten Mordfalles, bei dem eine Prostituierte, Freier aus den sogenannten besseren Kreisen und erhebliche Ermittlungsfehler vonseiten der Polizei eine große Rolle spielten, hält sich seit der damaligen Zeit bis heute.

Kaum ein Jahr nach dem Tod Rosemarie Nitribitts dauerte es, bis der Autor und Journalist Erich Kuby, der unter anderem für den Spiegel und den Stern schrieb, den Roman „Rosemarie – Des deutschen Wunders liebstes Kind veröffentlichte; und im gleichen Jahr erschien Rolf Thieles Spielfilm „Das Mädchen Rosemarie“ auf der Leinwand. Es folgten weitere Spiel- und Dokumentarfilme, Bühnenstücke, Sachbücher und sogar ein beschwingtes Musical.

Jörg Kastner/Ralf Langroth (Foto: © 2022 Wolfgang Weßling)
Jörg Kastner/Ralf Langroth (Foto: © 2022 Wolfgang Weßling)

Fast pünktlich zum 90. Geburtstag von Rosemarie Nitribitt erschien im Rowohlt Verlag der neue Roman von Ralf Langroth. Mit „Das Mädchen und der General“ setzt der Autor nach „Die Akte Adenauer“ und „Ein Präsident verschwindet“ seine Reihe mit historischen Thrillern rund umd die Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland fort.

Philipp Gerber ermittelt

Im Mittelpunkt der wiederum äußerst spannend geschilderten und mit detailgetreue Zeitkolorit versehenen Handlung steht einmal mehr der BKA-Hauptkommissar Philipp Gerber.

Wie es der Zufall will, hat er gleich einen persönlichen Bezug zu dem Mordfall Nitribitt. Einer ihrer Kunden und möglicher Tatverdächtiger war der hochrangige US-General Hiram Anderson, ein früherer Chef Philipp Gerbers, als der noch in Diensten des US-amerikanischen Geheimdienstes CIC (Counter Intelligence Corps) war. Anderson war aber nicht nur Chef, sondern auch Mentor von Philipp Gerber, und fast dessen Schwiegervater.

Ein schwieriger Fall also für den BKA-Kommissar, der sowohl von seiner ehemaligen Verlobten June, Tochter des Generals, als auch von Bundeskanzler Adenauer um Hilfe in dem Fall Nitribitt gebeten wird. Zum einen aus persönlichen Gründen, zum anderen aus politischen, denn Anderson vermisst seit seinem letzten Besuch bei Nitribitt wichtige Geheimdokumente.

Ralf Langroth, Das Mädchen und der General, Rowohlt Verlag, ISBN 978-3-499-01066-8

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